
Ich bin Jörg Stroisch. Als Journalist bin ich viel unterwegs, immer auf der Suche nach interessanten Themen. Und so bin ich auch nach Brüssel gereist. Sieben Interviews habe ich auf meinem Plan, das ist schon jede Menge. Und dann hat am Montag erst mal die Stadtbahn in Brüssel gestreikt. Das hat mich aber nicht abgehalten. Eine neue Episode meines Podcasts German Vote, hier mit ganz subjektiven und atmosphärischen Eindrücken von meiner Reise nach Brüssel. Deshalb ist das auch die Rubrik Brüssel oder Straßburg Blues.
„Und damit kommen wir zum eigentlichen Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung. Es ist nur ein Punkt, aber ein sehr wichtiger Es geht um eine Diskussion mit der Kommission und unseren geladenen Sachverständigen zum Kommissionsvorschlag, eine Richtlinie zur Verbesserung und Durchsetzung der Arbeitsbedingungen von Praktikanten und zur Bekämpfung von Scheinpraktika.“
Bitte vernetze Dich gerne mit mir auf LinkedIn oder Instagram. Auf diesen Plattformen begleite ich auch diesen Podcast mit weiteren Informationen.
Das ist eine Ausschusssitzung des Europäischen Parlaments, konkret der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. Da habe ich per Livestream aus meinem Hotel zugehört. Die Stadtbahn hat an meinem Anreisetag gestreikt. Das hat mich etwas aus der Planung gebracht für den ersten Tag. Eigentlich wollte ich direkt an dem Ausschuss teilnehmen. Denn das ist Brüssel: Alle Ausschusssitzungen sind öffentlich, alle werden live gestreamt. Transparenz pur.
Und so ist es doch hochinteressant, wie so eine Ausschusssitzung konkret abläuft. Ich sitze hier mit einem belgischen Kirschbier und ich lausche der Sitzung und das ist an Brüssel definitiv angenehmer als an Straßburg: Das Bier ist hier wirklich sehr lecker. Der Stream ist beim ersten Klick in Englisch, aber das ist auch toll an der EU: Es gibt die Sitzungen auch in Simultanübersetzungen in diversen weiteren Sprachen. So zum Beispiel auch in Deutsch. In meinem Hotel höre ich in diesem Fall sehr viele Statements zur Situation von Praktikanten in der EU. Der Ausschuss erörtert das sehr ausführlich und dennoch timeboxed. Statements auch der sogenannten Shadows, der Stattenberichterstatter der jeweiligen Fraktionen, sollen am Ende nicht länger als zwei Minuten dauern. Das ist ganz schön knackig.
Mich erinnert das ein bisschen an eine der ersten Folgen von „Das Parlament“, der Comedy-Serie über das EU-Parlament. Da weiß der Abgeordnete Speklan nicht so recht, wie er zwei Minuten füllen soll. Er begrüßt dann erst mal sehr ausführlich alle Anwesenden.
Nun bin ich im Europäischen Parlament in Brüssel. Ich kenne es schon, ich war schon ein paar Mal hier, allerdings immer in Gruppen. Alleine sein, das ist eine ganz andere Herausforderung. Viele Kontrollen gibt es hier, anders als in Straßburg, nicht. Am Haupteingang durchleuchten lassen, Presseausweis vor die Tür halten, fertig.
„Das Parlament war hinter dem Park in dem Gebäude, wo jetzt der Ausschuss der Region und der Wirtschafts und Sozialausschuss drinsitzen. Es wurden dann künftige Erweiterungen geplant. Es war klar, dass das Parlament irgendwann mehr Platz brauchte. In den 80er-Jahren wurde das Gebäude, in dem wir jetzt hier sitzen, das sogenannte Spark, von dem Politiker Henri Spark entworfen und dann gebaut. Allerdings erst als Kongresszentrum und gar nicht fürs Parlament. Und in den 90er-Jahren, ich glaube, Anfang der 90er-Jahre, hat das Parlament dieses Gebäude übernommen. Es war auch das erste Gebäude, was die EU in Brüssel erworben habt.
Es gibt hier einen Gebäudekomplex aus zwei Gebäuden. Wir sitzen hier im Spark-Gebäude, das ist das erste und älteste der beiden. Hier ist der Plenarsaal drin und noch andere große Sitzungssäle. Hier sitzen auch die Präsidentin und der Generalsekretär. Auf der anderen Straßenseite ist das Spinelli-Gebäude. Das ist ein paar Jahre später hinzugekommen. Das ist auch verbunden mit dem Spark-Gebäude mit zwei Brücken, die über die Straße gehen. Dort sitzen hauptsächlich die Abgeordneten – da sind meist Abgeordnetenbüros drin.“
So beschreibt Armin Wisdorf, Pressesprecher des EU-Parlaments, die Entstehung des Parlamentsgebäudes. Verlaufen ist hier dennoch möglich, vielleicht.
„Es sind große, weitläufige Gebäude mit vielen Fluren und verschiedenen Gebäudeteilen. Es ist in der Tat nicht immer leicht, sich hier zurechtzufinden. Allerdings ist das System mit den Kennzeichnungen der ganzen Säle und Büros relativ gut gemacht. Das heißt, wenn man ein bisschen verstanden hat, wie das System hier funktioniert, dann kann man auch den Saal oder Raum finden, den man sucht. Es gibt verschiedene Buchstaben. Es gibt das E-Gebäude, H-Gebäude, G usw. Hier im Spark-Gebäude gibt es ABC-Flügel. Wenn man weiß, wo die sind, gibt es noch eine Zahl, die das Stockwerk bezeichnet und dann die Büronummer. Das ist relativ einfach.“
Das sagt Armin Wisdorf dazu. Und es stimmt, zum Teil. Ich bin im Pressezentrum irgendwo im Gebäude Spark in einer tieferen Ebene. Wir sind dorthin gelaufen, damit ich mich besser orientieren kann. Erster Unterschied zu Straßburg: Hier sind gerade bedeutend weniger Journalisten, vielleicht eine Handvoll. Zweiter Unterschied zu Straßburg: Und es sind super viele Plätze verfügbar. Das ist super. Am Donnerstag und Freitag werde ich das mal in der Praxis ausprobieren. Nach einer Weile laufe ich alleine los und ich weiß nicht, wohin. Ich laufe einmal im Kreis und denke dann: Vierte Etage. Das klingt doch gut, da steht auch Presse.“
„O-Ton: Die Server Running Five Minute Slay, Surfing is time to kick off.“
Und schon bin ich mitten im Parlamentssaal. Das ist jetzt etwas übertrieben. Die Tür öffnet sich Richtung Pressetribüne. Erschrocken weiche ich zurück.
Es ist hier auffällig eng und leer in den Gängen um den Parlamentssaal herum. Aber da ist eine Frau: „I get lost“, sage ich. – „Dritte Etage“, antwortet sie.
Das ist tatsächlich super, dritte Etage. Hier finden alle Verbindungen statt, ob ins Gebäude der Parlamentarier oder ins Gebäude mit den Radiostudios. Geschwungene Brücken verbinden das ganz schön. Und die Orientierung ist wirklich einfach. Voraussetzung: Ich halte den Plan richtig herum. Mithilfe von Onlinemaps finde ich aber nach einer Weile die Orientierung. Und ich finde die Hauptachse auf der dritten Etage wirklich super als Orientierung.
Also, zur Wiederholung: Auf der dritten Etage geht niemand verloren.
Auch so ist es in Brüssel entspannt. Die Radiostudios sind nahezu ausgestorben. Keine Hektik, kein Stress. Sie befinden sich im Antal-Gebäude, erreichbar über eine geschwungene Brücke, natürlich in der dritten Etage. Sehr abseits des Troubles, man könnte fast denken, man hat sich verlaufen.
Die Bahnen fahren unglaublich häufig und lassen sich einfach mit einer App betreten. Bezahlt wird hier alles mit der Karte. Das Europaviertel ist schön kompakt, alles ist gut zu erreichen. Ich habe sieben Interviews im Kasten, das ist toll. Brüssel, ich komme wieder.
Transparenzhinweis zum Besuch des EU-Parlaments
Und nun zum Schluss mein Transparenzhinweis. Für diese Episode wurde mir ein Reisekostenzuschuss vom EU-Parlament gewährt. Ich habe auch die Services und Radiostudios des EU-Parlaments in Brüssel genutzt. Natürlich wurde kein Einfluss auf meine Berichterstattung genommen.