Quelle: canva.com/Stroisch

Verbraucherschutz in der EU: Eine neue Episode von German Vote.

Podcast # 13 German Vote – Was in der EU für Verbraucher passiert [de]

Verbraucherschutz ist mein Thema. Und hier gibt es in der EU sehr viele Regelungen, die Verbraucher direkt betreffen. Wo gerade die Schwerpunkte liegen.
German Vote
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Podcast # 13 German Vote - Was in der EU für Verbraucher passiert [de]
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Ich bleibe dabei: Ohne die EU würden wir in Deutschland rund um den Verbraucherschutz noch in der Steinzeit leben. Sehr viele Richtlinien und Verordnungen haben in den letzten Jahrzehnten maßgeblich die Situation für Verbraucher verbessert – dass innerhalb der EU die Roaming-Gebühren fürs Telefonieren geschafft worden ist, ist nur eine davon.

Hallo, ich sein Jörg Stroisch. Ich bin der Host von German Vote, einem Podcast, der sich sehr stark Verbraucherthemen in der EU widmet. Seit über 20 Jahren arbeite ich als freiberuflicher Journalist für Verbraucherthemen, bin sehr stark fokussiert auf Immobilien-, Versicherungs-, Vorsorge- und Digitalthemen.

Und dies ist eine Episode aus der Rubrik „Kai aus der Kiste“. Denn viele EU-Regelungen kommen vermeintlich immer sehr überraschend, springen wie Kai aus der Kiste.

Und in Deutschland sind dann alle empört. Oder sie nehmen davon erst gar nicht Kenntnis.

Neustes Beispiel: Banken müssen Schnellüberweisungen nun innerhalb von 20 Sekunden anbieten, und zwar kostenlos. Das ist seit Jahresbeginn 2025 der Fall – und geht auf eine Gesetzgebung der EU zurück.

Damit Du einen besseren Überblick bekommst, gibt es in dieser Episode ein paar Eindrücke zu aktuellen und geplanten Themen rund um Verbraucherschutzinitiativen in der EU. Und auch darüber, wie Verbraucherschutz in der EU generell angegangen wird.

Diese Episode hat dabei einen Überblickscharakter: In den nächsten Wochen und Monaten werde ich immer tiefer in die einzelnen Bereiche einsteigen.

Neue Episoden erscheinen immer zur Mitte des Monats an Montagen. In deutsch, denn die englischsprachige Version – kenntlich gemacht an dem [en] im Titel folgt immer sofort in der darauffolgenden Woche.

Bitte vernetze Dich dazu gerne mit mir auf LinkedIn oder Instagram. Auf diesen Plattformen begleite ich auch diesen Podcast mit weiteren Informationen.

– Verbraucherschutz ist mein Thema. Und hier gibt es in der EU sehr viele Regelungen, die Verbraucher direkt betreffen, wo gerade die Schwerpunkte liegen.

„Es ist ganz klar, dass wir im letzten Mandat zwei große Wellen hatten die Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen das eine war die Digitalgesetzgebung wo massiv was passiert ist. Und wir haben die andere Welle gehabt, die im Zusammenhang mit dem Green Deal war.“

René Repasi, Mitglied des Europäischen Parlaments für die sozialdemokratische S&D-Fraktion.

„Aber immer mehr setzt sich durch, dass wir in Europa mit einer Einheitlichkeit bei der Schaffung von Verbraucherregeln sehr viel besser dastehen als mit dezentraler Regelung in den Mitgliedstaaten.“

Andrea Schwab, Mitglied des Europäischen Parlaments für die konservative EVP-Fraktion.

„Es gibt einige Leuchtturmprojekte dieser Europäischen Kommission, von denen wir uns sehr viel erwarten.“

Isabelle Buscke vom Verbraucherzentrale Bundesverband.

„Verbraucherschutz wird wirklich sehr groß geschrieben in der EU und da gibt es einfach einen sehr weitreichenden Rahmen, den man ausschöpfen kann.“

Birgit Schmeitzner, Pressesprecherin der EU-Kommission.

Vier Aussagen rund um die Verbraucherpolitik in der EU. Und vier Aussagen, die auch in dieser Kürze schon andeuten, dass es bei EU-Verbraucherpolitik um die ganz großen europäischen Zusammenhänge geht, die sich aber sehr lokal und individuell im Portemonnaie und in Bezug auf die eigenen Bürgerrechte auswirken. Zwar bilden wir uns in Deutschland oft ein, dass wir in Sachen Verbraucherschutz Bürgerrecht, ja, in Bezug auf demokratische Rechte die Speerspitze in Europa sind.

Viele Verbraucherrechte kommen von der EU

De facto ist es aber so, dass ein Großteil der relevanten Impulse in Bezug auf Verbraucher von der EU ausgeht. Ich kann hier aus meiner eigenen Erfahrung als Journalist berichten. Ich habe vor Jahren eine Veranstaltung zur sogenannten Immobilienhypothekarrichtlinie der EU in Brüssel besucht. Jahre später dann befürchteten Verbraucher, dass ihnen aufgrund der neuen Richtlinie keine Immobilienkredite mehr gewährt werden.

Oder ein anderer Fall aus dem Bereich meiner Tätigkeit als Onlinehändler. Durch eine EU-Verpackungsverordnung wurden auch Händler dazu verpflichtet, sich an den Kosten für die Beseitigung von Verpackungsmüll wie etwa Kartonage zu beteiligen. Indirekt zahlt das auch der Verbraucher.

Ich bleibe hier bei meiner Behauptung: Ohne diese EU-Initiativen würden wir in vielen für den Endverbraucher wichtigen Bereichen in Deutschland noch in der Steinzeit leben. Ich bin sehr dankbar für diese Impulse, ohne sie nun alle uneingeschränkt gut zu finden.

„Am 20. November fand nun nach einer vorbereitenden Schattenberichterstattersitzung der erste politische Trilog statt, wo Parlament, Rat und Kommission zunächst ihre grundsätzlichen Positionen vorgestellt haben. Ebenso haben wir uns auf ein Vierspalten-Dokument als Verhandlungsgrundlage geeinigt und unsere Mitarbeiter für die Verhandlungen auf der technischen Ebene mandatiert. Wir haben sechs Themen identifiziert, die nach entsprechender Vorbereitung voraussichtlich beim nächsten Trilog auf der politischen Ebene adressiert werden. Es handelt sich um die Aspekte der mentalen Gesundheit von Kindern, die Pflichten der Anbieter von Onlinemarktplätzen, den digitalen Produktpass, die delegierten Befugnisse und Übergangsbestimmungen und, last but not least, den Chemikalienpart der Verordnung, der allerdings fast ausschließlich im exklusiven Kompetenzbereich des Umweltausschusses liegt.“

Das ist Marion Walsmann von der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) und spricht hier über eine Neuregelung der Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug und über den Stand der Dinge der Verhandlungen. Sie ist hierfür Berichterstatterin.

Das heißt, sie leitet im Auftrag des Europäischen Parlaments die Verhandlungen mit dem Europäischen Rat, also der Vertretung der europäischen Nationalstaaten in dieser Sache, im sogenannten Trilog, an dem auch die Europäische Kommission beteiligt ist. Ihr zur Seite stehen – und das erwähnt sie auch – die Schattenberichterstatter. Das sind von den jeweiligen Fraktionen entsandte Parlamentarier, die im Auftrag der Fraktion die Positionen miteinander abstimmen.

Marion Walzmann begründet die Initiative so:

„Die Produkte im europäischen Markt haben einen hohen Sicherheitsstandard. Der Verbraucherschutz steht in großer und vorderster Linie und die Sicherheit von Produkten, gerade auch bei Kinderspielzeug. Die Spielzeugsicherheitsverordnung, die ich gerade bearbeite, ist ganz wichtig. Deshalb muss man dafür Sorge tragen, dass nicht über Plattformen billige Produkte, Plagiate oder Sonstiges aus Drittstaaten, die unseren Markt erobern oder Plattformen von minderer Qualität mit fragwürdigen Verhaltensweisen wie Temu oder andere sich bei uns tummeln in Europa und die Marktvorteile abschöpfen. Und deshalb ist diese Gesetzgebung von elementarer Bedeutung für Verbraucherinnen und Verbraucher.“

Es dauert also nicht mehr lange, bis es vermutlich ein Gesetz gibt, welches Verbraucher vor schlechten Spielzeugen schützen soll. Insgesamt fordert das EU-Parlament weitere Initiativen in Bezug auf Verbraucherschutz.

Viele Vorhaben zum Verbraucherschutz in der EU

Die letzte Legislatur hatte dabei natürlich Schwerpunkte. Das fasst René Repasi von der sozialdemokratischen Fraktion S&D zusammen. Er war in der letzten Wahlperiode im Ausschuss für den Binnenmarkt und Verbraucherschutz und in diesem Mandat unter anderem Mitglied im Rechtsausschuss und im Wirtschafts- und Währungsausschuss.

„Also es ist ganz klar, dass wir im letzten Mandat zwei große Wellen hatten die Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen. Das eine war die digitale Gesetzgebung, wo massiv was passiert ist, mit verschiedensten Gesetzgebungsakten, wie einen Digital Markets Act, wenn es um Big Tech geht, den Digital Services Act, wo es dann um kleinere Akteure, aber auch noch relevante Akteure geht und anderen Dingen, die da in diesem Zusammenhang sind. Wir nennen mal das KI-Gesetz auch noch als Beispiel.

Und wir haben die andere Welle gehabt, die im Zusammenhang mit dem Green Deal war und wo es dann vor allen Dingen um die Frage auch der Kreislaufwirtschaft geht. Da hatten wir etwa das Recht auf Reparatur. Wir hatten die Ökodesign-Vorgaben, dass Produkte reparierbar und nachhaltiger werden. Und das zusammen hat natürlich auch einen ganzen Wust an neuen Rechten für Verbraucherinnen und Verbraucher gebracht.“

Die EU-Kommission, zuständig für die Gesetzesinitiativen, unterstreicht die Bedeutung von Verbraucherschutz in der EU. Birgit Schmeitzner, Pressesprecherin der EU-Kommission, wirft einen Blick auf eine ganz aktuelle Initiative, die geglückt ist

„Verbraucherschutz wird wirklich sehr groß geschrieben in der EU. Da muss man auch sagen, da gibt es einfach einen sehr weitreichenden Rahmen, den man ausschöpfen kann.

Im Juli ist entschieden worden – das war also ganz kurz, bevor die Kommission Von-der-Leyen 1 tatsächlich dann ihre aktive Arbeit eingestellt hat nach der Europawahl: Da wurde das Recht auf Reparatur beschlossen. Da muss man sich mal die Daten anschauen. Also, es gibt jedes Jahr 35 Millionen Tonnen an Produkten, die einfach weggeworfen werden, die man aber noch reparieren könnte. Das heißt, eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen, von Wertstoffen. Und diese Wegwerfgesellschaft, die sich da so ein bisschen herausgebildet hat vielleicht, die soll durch dieses Recht auf Reparatur einfach wieder ein bisschen eingefangen werden.

Also die entsprechende Richtlinie muss dann bis Sommer 2026 überall in allen 27 Mitgliedsländern umgesetzt werden.“

Durchsetzung liegt bei den Nationalstaaten

Das eine ist das Voranbringen von Gesetzesinitiativen. Das andere ist das Vorgehen gegen Missbrauch oder Verstöße dagegen. Diese Durchsetzungsgewalt ist fast immer bei den jeweiligen Nationalstaaten angesiedelt. Dass dies problematisch sein kann, hat sich zum Beispiel beim Vorgehen gegen amerikanische Tech-Konzerne wegen Verstößen gegen den Datenschutz gezeigt. Da Irland hierfür das zuständige EU-Land war, gab es hier doch ein ständiges Hin und Her.

Und das beobachtet auch Andreas Schwab, Mitglied des Europäischen Parlaments für die konservative Fraktion EVP kritisch. Er nennt dabei den Digital Service Act, für den er selbst als Berichterstatter tätig ist.

„Und wir sehen es ja besonders stark eben mit Temu und anderen Plattformen, die eben über bestimmte Transportflughäfen, beispielsweise Lüttich, eben auch Bedingungen des Zolls und der Kontrolle umgehen können, die eigentlich für Fairness auf den Märkten sorgen sollen.

Und da kommen wir immer stärker dann zur Frage, wie viel Zentralität, wie viel Einheitlichkeit braucht Europa eigentlich, um sich in diesem großen Kräftemessen mit Ländern wie USA und China und ihren übergroßen Märkten zu behaupten? Und wie viel regionale Vielfalt tut uns gut?

Und insofern ist es richtig zu fragen, wo es an der Umsetzung bestehenden Rechts scheitert, wo kriminelle Machenschaften Gründe für Fehlentwicklungen sind, aber gleichzeitig eben auch die Frage zu stellen, ob das europäische Regelwerk den Mitgliedstaaten nicht zu viel Freiraum lässt, bestimmte Kontrollen einfach schleifen zu lassen.

Und da muss man immer auch gerecht bleiben, weil häufig in Deutschland ja der Eindruck entsteht, nur in Deutschland würde richtig kontrolliert. Das ist nicht der Fall. Es gibt auch andere Länder, in denen richtig und sogar teilweise besser kontrolliert wird als bei uns. Aber am Ende hilft es uns eben nur, wenn überall ungefähr gleich kontrolliert wird. Und damit tun wir uns natürlich ein bisschen schwer, weil die regionalen Unterschiede in Europa zwischen den Mitgliedstaaten eben viel länger anhaltend bestehen, als wir das ursprünglich mal gedacht haben und wir den Mitgliedstaaten auch nicht zu hart Vorgaben machen wollen.“

Dieser Meinung ist auch René Repasi von der sozialdemokratischen Fraktion S&D:

„Wir schreiben schönes Recht, aber am Ende ist die Qualität des Rechts so gut wie ihre Durchsetzung. Und das ist halt im digitalen Raum ein bisschen anders als im klassischen Raum bei uns zu Hause. Wenn uns ein Produkt nicht passt, dann sagen wir: Dürfen nicht durch, Grenze dicht, Schrottprodukt. Wenn wir einen Online-Anbieter haben, der keine Adressen anbietet, der nicht das neue Custom of Principle anwendet. Dann können wir sagen, das ist eine Verletzung. Eine Verletzung ist dann, wenn Rechte nicht weiterverfolgt werden können, ein haftungsauslösendes Ereignis. Wir können sagen, ein Unternehmen, das sich permanent weigert, das zu tun, eine Adresse im europäischen Binnenmarkt anzugeben, dass wir dem den Zugang zum Binnenmarkt verweigern.“

Weitere Pläne zum Verbraucherschutz in der EU

Wie denken die Verbraucherschützer über all diese Entwicklungen? In Deutschland gibt es unter anderem die Verbraucherzentralen, die im Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) organisiert sind, und auch durch Auswertungen der vielen Anfragen von Bürgern an die jeweiligen Verbraucherzentralen ein gutes Bild davon bekommen, was gut und was weniger gut läuft. Mit dem BEUC gibt es dazu auch in Brüssel einen europäischen Dachverband, der 44 unabhängige Verbraucherorganisationen in 31 Ländern vertritt. Der VZBV ist hier im Verwaltungsrat vertreten. Der VZBV hat in Brüssel ein eigenes Büro. Isabel Buscke ist dort die Leiterin. Sie schaut auch auf die Pläne der EU-Kommission für die aktuelle Wahlperiode und stellt fest:

„Verbraucherschutz ist ein horizontales Thema, ist ein Querschnittsthema. Das findet sich fast in jedem Politikfeld wieder. Telekommunikationsarbeit, Energiepolitik, Lebensmittel und Ernährungspolitik. Und das ist alles verteilt auf viele Kommissare und auf ihre verschiedenen Dienststellen. Es gibt einige Leuchtturmprojekte dieser Europäischen Kommission, von denen wir uns sehr viel erwarten. Die sind schon angekündigt und deswegen sind wir zuversichtlich, dass die kommen.

Das ist einmal die Anpassung des europäischen Verbraucherrechts an die Digitalisierung allgemein und an digitale Geschäftsmodelle. Worum geht’s da? Ich möchte in einem Webshop einkaufen und werde erstmal dreimal gefragt, ob ich nicht den Newsletter haben möchte und hier noch ein Pop-up und hier kann ich noch was gewinnen und dort wird mir gesagt schnell, schnell, es sind nur noch zwei im Lager, obwohl das häufig gar nicht stimmt. Das haben wir ja auch untersucht.

Und ein anderes großes Thema, was die Von-der-Leyen-Kommission angekündigt hat, ist, die lästigen Ärgernisse im europäischen Bahnverkehr abzustellen. Im Moment stehen Verbraucherinnen und Verbraucher vor der Hindernis, wenn sie quer durch Europa mit dem Zug fahren möchten, dass sie nicht an einer Stelle ein Ticket buchen können, das ihre gesamte Reise abdeckt und was dann auch komplett mit Fahrgastrechten geschützt ist.“

Soweit also ein Überblick über Verbraucherpolitik auf EU-Ebene und konkrete Wünsche und Gesetzesinitiativen.

Transparenzhinweis

Die Und nun zum Schluss mein Transparenzhinweis: Für diese Episode wurde ein Reisekostenzuschuss vom EU-Parlament gewährt. Ich habe auch die Services und Radiostudios des EU-Parlaments in Brüssel genutzt. Natürlich wurde kein Einfluss auf meine Berichterstattung genommen.