Ein Dach sturmsicher machen: Der Immobilienjournalist Jörg Stroisch hat darüber mehrfach Artikel geschrieben.
Ein Dach sturmsicher machen: Der Immobilienjournalist Jörg Stroisch hat darüber mehrfach Artikel geschrieben. - Foto: Canva.com

Sturm: Den Windsog am Dach bremsen

Ela verwüstete Teile Nordrhein-Westfalens zur Jahresmitte 2014, Stürme haben in den vergangenen Jahren hohe Schäden verursacht. Und besonders stark zerren die Orkane dabei an den Hausdächern, deren Sicherung wird immer wichtiger – zumal die Versicherung sonst womöglich die Bezahlung verweigert.

Dieser Beitrag wurde vom Immobilienjournalist Jörg Stroisch 2014 in unterschiedlichen Versionen über Raufeld in verschiedenen Immobilienbeilagen von Tageszeitungen der DuMont-Gruppe veröffentlicht (damals Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau, Kölner Stadtanzeiger/Kölnische Rundschau).

Ela verwüstete Pfingsten 2014 Teile Nordrhein-Westfalens. Noch Tage später lagen Autos zertrümmert unter Bäumen, der Bahnverkehr brach zusammen. Auf 650 Millionen Euro bezifferten die Versicherer alleine die Schäden durch diesen Sturm. In lebendiger Erinnerung ist auch immer noch der Orkan Kyrill im Januar 2007, der mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Stundenkilometer übers Land fegte und den Zugverkehr lahm legte – und laut Münchener Rück Schäden im Gesamtwert von zehn Milliarden US-Dollar verursachte.

„Auch für Häuser sind mehr und höhere Schäden durch Starkwindereignisse zu verzeichnen“, beschreibt Christian Anders, Experte beim Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks. Was gesamtwirtschaftlich aufläuft, manifestiert sich für den Hausbesitzer in Schäden am Dach und Haus. Zwar sind die Windverhältnisse von Deutschland noch längst nicht mit denen in Großbritannien und den Niederlanden vergleichbar, aber sie erhöhen auch hierzulande immer mehr ihre Gewalt.

Dachklammerung ist mittlerweile Pflicht

Als Konsequenz daraus: Seit 2011 ist zum Beispiel bei Neueindeckungen des klassischen Dachziegeldachs eine Klammerung der Außenränder Pflicht, „auch der First und die Traufe müssen je nach Dachneigung, Ort und Gebäudehöhe geklammert werden“, sagt Anders. „Es gibt dafür allgemein anerkannte Regeln der Technik, auch festgehalten im Regelwerk des Dachdeckerhandwerks.“ Auch für Metalldächer oder Flachdächer mit und ohne Kiesauflast gibt es Tabellen, an denen sich die Handwerker in ihren Berechnungen orientieren.

Als Beispiel: Bei einer Windgeschwindigkeit von 80 bis 100 Stundenkilometer wirken auf einen Quadratmeter eines Daches zwischen 1,1 und 2,5 Kilonewton. Das entspricht einer Last von 250 Kilogramm an einem in der Wand befestigten Dübel. Das Eigengewicht der Dacheindeckung beträgt pro Quadratmeter aber nur etwa 40 bis 50 Kilogramm – eine Klammerung ist also einleuchtend. „Es ist unter anderem von der Art der Dachdeckung, der Lage und der Gebäudegeometrie abhängig, wie viele Klammen nun konkret eingesetzt werden müssen“, kommentiert Jürgen Lech, staatlich geprüfter Techniker/Hochbau und personenzertifizierter Sachverständiger für für Dächer und Abdichtungen aus Essen.

Dabei gibt es für den Dachdecker zwei Vorgehensweisen: Er kann sich nach den tabellarischen Empfehlungen richten oder eigene Berechnungen anstellen. „Die Tabellen gehen immer von dem sichersten Standard aus, mit dem die Norm auf jeden Fall eingehalten wird“, sagt Anders. „Bei individuellen Berechnungen ist somit die Anzahl der verwendeten Klammern geringer.“ Allerdings kostet eine solche Berechnung auch Zeit und somit Geld – „bei einem Einfamilienhaus kann es so passieren, dass die Berechnung teurer ist, als die Ersparnis“, sagt Anders. Denn die Stückpreise einer Klammer liegen nur im zweistelligen Cent-Bereich.

Altdächer sollten regelmäßig gewartet werden

Nachrüsten muss der Hauseigentümer nicht, es gilt Bestandsschutz für Altbauten. Das entbindet den Hausbesitzer aber nicht von der Wartung: Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 14.07.2010 – Az. 13 U 145/09) geht davon aus, dass er seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen ist, wenn das Dach einer Windgeschwindigkeit bis 120 Stundenkilometern nicht standhält. Und Versicherungen zahlen in der Regel ab Windstärke 8. Das entspricht 63 bis 74 Stundenkilometern. „Unwissenheit schützt dabei vor Schaden nicht“, sagt der Sachverständige Lech. „Natürlich wird bei größeren Schäden überprüft, ob das Dach schon vorher schadhaft war oder erst durch den Wind geschädigt wurde“, so Lech. „Ein Dach, welches jahrelang nicht gewartet wird, kann schon vorher größere Schäden aufweisen. Dies kann Kürzungen, eine Ablehnung zur Folge haben.“ Der Experte rät dazu, das Dach regelmäßig kontrollieren zu lassen, „etwa einmal im Jahr.“

Auch einen Nachweis sollte sich darüber der Hausbesitzer ausstellen lassen, in dem auch schwarz auf weiß steht, dass eine komplette Überprüfung stattgefunden hat – und nicht etwa nur eine punktuelle Instandhaltung. „Es ist einleuchtend, dass der beste Dachdecker nicht vom einen Ende des Giebeldaches auch die andere Seite beurteilen kann“, so Lech. Der Vorteil: Fallen Schäden auf, etwa lose Dachziegel, dann kann günstig nachgebessert werden. Und außerdem kann bei der Gelegenheit auch gleich die Dachrinne gesäubert werden. Vielleicht muss aber auch irgendwann ein neues Dach her, zum Beispiel, weil der energetische Standard des Hauses verbessert werden soll.

Auswahl des Handwerkers wichtig

Immer mehrere Angebote einholen und vor Ort die Leistungen erklären lassen – das ist Standard bei der Beauftragung von allen Handwerkerleistungen, somit natürlich auch bei der Dacheindeckung.. „Ein Angebot kann dabei schon sehr aufwändig sein, etwa, wenn zusätzlich auch noch Berechnungen für eine Aufsparren-Wärmedämmung angestellt werden“, sagt Dachdecker-Experte Anders. „Manchmal stellt das der Handwerker in Rechnung.“ Allerdings muss er auf diese Kosten – die dann im Falle einer Auftragsvergabe meistens verrechnet werden – dann auch hinweisen. Natürlich wirbt Anders auch dafür, einen Innungsbetrieb zu wählen – seine Organisation ist der Dachverband dafür. Hier sei durch Weiterbildungsmaßnahmen gesichert, dass die Handwerker alle Normen kennen. Manche Landesverbände stellen auch einen technischen Berater zur Verfügung, wenn es vor Ort zu Streitigkeiten über die Leistungen kommt.

Gerade für den Laien ist und bleibt es aber sehr schwer, die Qualität der Arbeiten zu kontrollieren. Auch deshalb macht es manchmal Sinn, schon mit den Planungen einen Sachkundigen zu beauftragen. Jürgen Lech: „Als Laie muss man dem Dachdecker ein Stück weit vertrauen können, denn selbst aufs Dach steigen sollte man nicht.“ Je besser Materialien und Arbeiten dokumentiert sind, desto besser. Und gerade Laien sollten sich auch überlegen, einen Sachverständigen um die Begleitung der Maßnahmen und die Abnahme vor Ort zu bitten.

Kontaktadressen und Linktipps rund um die Dachdeckung

Hausbesitzer können sich an vielen Stellen über das Thema Sturmsicherheit informieren und finden dort auch Sachverständige und Experten – eine kleine Auswahl.

  • Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V., Fritz-Reuter-Straße 1, 50968 Köln, Telefon: (0221) 398038-0, Website: https://www.dachdecker.de
  • Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V, Charlottenstr. 79/80, 10117 Berlin, Telefon: (030) 255938-0, www.bvs-ev.de/home/
  • Bundesverband Freier Sachverständiger e.V., Ratiborweg 1, 40231 Düsseldorf, (0211) 661111, http://www.bvfs.de
  • Jürgen Lech, www.lech-sv.de: Die Website des Sachverständigen hält viele Informationen rund ums Dach bereit.

Neun Tipps zur Beauftragung eines Dachdeckers

Die Dachsanierung richtig planen: Das ist das A und O. Diese Checkliste hilft dem Hausbesitzer dabei.

  • Informationen besorgen: Je detaillierter die Ausschreibung, desto klarer ist womäglich das Angebot. Allerdings sind Laien hier mit der richtigen Formulierung schnell überfordert. Deshalb ist es sinniger, das Angebot auch als Informationsquelle zu nutzen. Die gewünschten Arbeiten und Materialien spielen da eine Rolle, Hersteller bieten hier viele Informationen im Internet.
  • Angebote einholen: Mindestens drei Angebote sollte der Bauherr einholen und dabei Vor-Ort-Besichtigungen verlangen. Wichtig auch: Den Realisierungszeitraum verbindlich festlegen.
  • Angebote gegenüberstellen: Immer sollte sich der Laie das jeweilige Angebot genau erklären lassen, aber natürlich können auch so vielleicht schon die Gesamtpreise, aber auch die Preise der einzelnen Positionen gegenübergestellt werden.
  • Referenzen überprüfen: Das beste Angebot bringt nichts, wenn am Ende die Leistung nicht überzeugt. Eine gute Kontrollmöglichkeit ergibt sich über die Überprüfung von Arbeitsreferenzen.
  • Auftrag erteilen: Dann muss die Entscheidung für einen Handwerker gefällt werden. Wer sich hier schwertut, kann und sollte die Hilfe eines Architekten oder eines Baubegleiters hinzuziehen.
  • Versicherungsschutz kontrollieren: Die Versicherungen muss über den Beginn von Dacharbeiten und Gerüstaufbau informiert werden; auch Mieter sollten darauf hingewiesenw erden, dass sie ihre Hausratversicherung informieren.
  • Arbeiten kontrollieren: Ist die Baustelle und sind die Arbeiter gesichert? – Informationen zum Arbeitsschutz bietet die Berufsgenossenschafrt. Auch eine Frage der Qualität: Werden die Materialien sauber und sicher gelagert?
  • Leistungen abnehmen und protokollieren: Das fällt dem Laien oftmals auch sehr schwer. Im Zweifel sollte das zusammen mit einem Sachverständigen geschehen.
  • Gewährhaftungsfristen notieren: In der Regel läuft die Gewährleistung nach vier Jahren aus.