Außer Zweifel steht, dass die Bevölkerung in Deutschland altert: Bereits 2015 hatte das Statistische Bundesamt in der Studie „Die Generation 65+“ festgestellt, dass 20,8 Prozent unserer Bevölkerung 65 Jahre oder älter ist. Schon längst bildet sich so keine Pyramide mehr, wenn man das Alter abbildet, sondern eher ein etwas zu dick geratenes Ampelmännchen. Aufgrund der sogenannten Babyboomer-Generation, die nun ins Rentenalter kommt, wird sich dieser Trend noch verschärfen.
Die Generation 65+ hat einerseits hohe Ansprüche an ihren Ruhestand und ist auch körperlich deutlich agiler und mobiler als vorherige Seniorengenerationen – Stichwort „Silver Surfer“ oder „Best Ager“. Sprich: Man will sich „im Alter“ noch etwas gönnen, verreisen, schöne Dinge machen – und zwar ausgiebig und natürlich möglichst lange im eigenen Zuhause. Dadurch werden sich auch Ungleichheiten auf dem Wohnungsmarkt verstärken: „Während die Großstädte und die Universitätsstädte sowie einige attraktive Regionen mit hoher Lebensqualität auch zukünftig weiter wachsen werden, sind ländlich geprägte Regionen, Teile des Ruhrgebiets und des Saarlandes sowie weite Teile von Ostdeutschland bereits heute von Schrumpfung betroffen“, schreiben die Autoren eines Gutachtens für das IW Köln. Nicht zuletzt ist laut dieses Gutachtens die Eigentumsquote sehr hoch: So wohnen 52 Prozent der städtischen Haushalte der Generation 50+ im Eigentum, im ländlichen Raum sind es sogar 60 Prozent.
Auf der anderen Seite schwebt auch das Gespenst der Altersarmut über Teile dieser Seniorengeneration: Laut dem Statistischen Bundesamt lag so im Jahr 2018 die sogenannte Armutsgefährdungsquote der Über-65-Jährigen bei 18,2 Prozent; der Gesamtdurchschnitt liegt in Deutschland bei 16,0 Prozent. Die Angst vor der Altersarmut ist da: Wie das Institut für Demoskopie Alllensbach im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Jahr feststellte, haben 60 Prozent der unter 30- bis 59-Jährigen Angst davor, „dass meine Rente unsicher ist, bzw. dass ich meinen Lebensstandard nicht halten kann“.
Was liegt bei hoher Eigentumsquote und drohender Altersarmut näher, als die selbst genutzte Immobilie für eine Rentenaufstockung zu nutzen? Zum Beispiel die eigene Immobilie zu verkaufen und durch ein Nießbrauchrecht weiter darin zu leben: Glaubt man den Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Immobilienverrentung (DEGIV), haben etwa 47,8 Prozent der Rentner davon schon mal gehört, etwa 31,1 Prozent kennen auch das Prinzip dahinter. Die Umfrage wurde unter 161 Senioren durchgeführt. In einer gemeinsamen Befragung von Maklern durch die Deutsche Leibrenten Grundbesitz und den IVD werden dabei die Hauptmotive der Rentner deutlich, die ihre Immobilie verrenten: „Aufstockung der monatlichen Einnahmen“ (84 Prozent), „Wunsch nach einem bisschen Luxus über die Finanzierung des Alltags hinaus“ (64 Prozent) und „Keine Erben“ (64 Prozent). Die Branche sieht so ein deutliches Marktpotenzial für ihre Produkte, wobei darüber die Meinungen auseinander gehen. Ralf Scherfling, Experte für Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale NRW, sagte gegenüber “immobilien intern“ aus Sicht der Verbraucherzentralen: „Wir haben nur sehr wenige Anfragen zu dem Thema. Es ist weiterhin ein Nischenthema.“ Wohingegen Dr. Helena Klinger, Justiziarin und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Institut für Finanzdienstleistungen (iff), gegenüber „immobilien intern“ durchaus die Potenziale sieht: „Aufgrund des demografischen Wandels und der Tatsache, dass viele Rentner eine Versorgungslücke haben, steigt das Bedürfnis nach einer Immobilienverrentung.“
Immobilie verrenten: verschiedene Modelle
Die Immobilienverrentung ist dabei nicht ein einfaches, einheitliches Konstrukt, sondern es hängt stark von den Vertragsbedingungen ab, wie es sich konkret ausgestaltet. Vom Prinzip her lassen sich drei Modelle bei den gewerblichen Angeboten unterscheiden.
Leibrente: Bei der Leibrente wird mit dem Verbraucher eine monatliche Zahlung, die an ihn als Person gebunden ist, vereinbart. Diese Rentenzahlung kann zeitlich begrenzt oder lebenslang gültig sein. In Kombination mit einem entsprechend eingetragenen kostenfreiem Wohnrecht, kann der Verbraucher also bis zum Lebensende oder bis zum vereinbarten Auslaufen die Immobilie bewohnen. Bei diesem Modell ist es in der Regel so, dass der Käufer für Instandhaltungen aufkommt, „allerdings hat dieser auch seine eigenen Dienstleister und über die Notwendigkeit von Instandhaltungen kann es Streit geben“, beschreibt Expertin Klinger. Meistens gibt es eine Art Mindestlaufzeit; sollte der Verbraucher früher sterben, so wird oftmals an die Erben weitergezahlt. Anbieter am Markt sind hier zum Beispiel die Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG und auch Stiftungen wie die Stiftung Liebenau oder die Hausstifter-Renten der Caritas Gemeinschaftsstiftung Krefeld und der Caritas Stiftung Stuttgart.
Teilverkauf: Beim Teilverkauf läuft es genau umgekehrt. Der Käufer erwirbt einen Teil der Immobilie, möglicherweise in mehren Schritten, meistens bis zu maximal 50 Prozent. „Damit kann der neue Eigentümer auch ein Mitspracherecht haben“, beschreibt Klinger. „In jedem Fall ist die Immobilie in fremder Hand, was bei einem klassischen Kredit anders wäre.“ Der Verbraucher erhält dafür eine Einmalzahlung und meistens ein eingetragenes Nießbrauchrecht an der Immobilie. Dafür muss er aber ein Nutzungsentgelt an den Käufer bezahlen; bestenfalls ist dieses auf einen möglichst langen Zeitraum festgeschrieben und liegt deutlich unter der ortsüblichen Miete. Aber: Bezahlt der Verbraucher sie nicht, dann kann er auch gekündigt werden. Anders, als bei der Leibrente, kommt der Verbraucher hier für alle Instandhaltungen selbst auf, „hier kann es sein, dass der Verbraucher in Haftung genommen wird, wenn er zum Beispiel eine Instandhaltung nicht für nötig hält oder auch nicht bezahlen kann“, so Klinger. „Bei dem Nutzungsgeld muss so auch berücksichtigt werden, dass die Instandhaltung ja weiterhin vom Verbraucher zu bezahlen ist, was bei einer Mietimmobilie Aufgabe des Vermieters wäre.“ Anbieter im Markt sind zum Beispiel Wertfaktor Immobilien GmbH, Basora Real Estate GmbH, EV LiquidHome GmbH von Engels&Völkers und Heimkapital GmbH.
Umkehrhypothek: Wie eine Art umgekehrter Kredit mit Fälligkeit am Laufzeitende funktioniert die Umkehrhypothek. Dabei beleiht die Bank die Immobilie bis zur Höhe von meist maximal 50 Prozent. Er erfolgt dann eine einmalige oder turnusmäßige Auszahlung an den Verbraucher. Getilgt wird das Darlehen dann am Ende der Laufzeit, die Darlehensschuld nimmt ständig zu. Da dieses Modell über deutsche Banken abgewickelt wird, greifen in Deutschland die entsprechenden Haftungsverbünde, falls diese nicht mehr zahlen können – ein sehr sicheres Modell also. Nachteil ist allerdings, dass das lebenslange Wohnen durch dieses Modell nicht gewährleistet ist. So kann zwar möglicherweise nach Fälligkeit des Darlehens nach der vereinbarten Laufzeit ein weiteres Darlehen beantragt werden – ob das gelingt, hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Vorteil ist, dass die Erben weiterhin Zugriff auf die Immobilie haben. In der Regel müssen sie diese aber verkaufen, um die Restschuld der Umkehrhypothek begleichen zu können. Sollte diese vor Ablauf gekündigt werden, fällt möglicherweise eine Vorfälligkeitsentschädigung an – eine Vermietungsorganisation durch den Eigentümer selbst etwa beim Umzug ins Pflegeheim ist eher unrealistisch. „Dieses Modell hat sich wohl weder für den Erwerber noch für den Verbraucher wirklich gelohnt und spielt deshalb heute im Markt kaum eine Rolle mehr“, beschreibt Klinger die Marktsituation. Anbieter ist hier zum Beispiel die Sparkasse am Niederrhein Moers.
Wenige Anbieter, schwere Entscheidung
Seitdem allerdings das erste Mal stärker die Immobilienverrentung diskutiert wurde, sind etliche Anbieter gestartet – und auch etliche wieder vom Markt verschwunden. Zwar raten Verbraucherschützer und Experten natürlich dazu, mehrere Angebote miteinander zu vergleichen. „Es ist aber schon sehr schwer, überhaupt mehrere Anbieter zu finden, deren Angebote man miteinander wirklich vergleichen kann“, sagt Verbraucherschützer Ralf Scherfling. Umso schwieriger ist es aber auch, herauszufinden, welches Modell sich für wen lohnt. „Ob eines der verschiedenen Modelle der Immobilienverrentung passt, kann man nicht pauschal beantworten“, so Scherfling. „Dazu spielen zu viele Faktoren eine Rolle.“
Eine Beispielrechnung: Eine Immobilie für 500.000 Euro soll per Leibrente übertragen oder teilverkauft werden. In Angebot A wird ein lebenslanges Wohnrecht gewährt, der Anbieter möchte dafür aber ein monatliches – möglicherweise später steigendes – Nutzungsentgelt von 1.500 Euro erhalten. Der Kunde erhält dafür aber auch einmalig 500.000 Euro ausgezahlt. In Angebot B hingegen erhält der Verbraucher ein lebenslanges Wohnrecht und eine monatliche Leibrente von 1.000 Euro durch den Anbieter. „An einem bestimmten Punkt ist der finanzielle Kontostand der beiden Angebote gleich“, so Scherfling. Allerdings: Wer weiß schon, wie lange er in den Genuss der Rente kommt? Außerdem gibt es Unterschiede bei der Frage, wer für Instandhaltungen aufkommen muss. Und schließlich: Das Nutzungsentgelt beim Teilverkauf bleibt in der Regel nicht statisch. „Welches Modell passt, hängt sehr stark von der individuellen Situation ab“, sagt so Expertin Klinger. „Die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch hier nicht; alle Modelle haben Vorteile, es gibt aber auch Risiken.“
Tücken bei den Verträgen
Bei allen Modellen kommt es sehr auf die konkrete Ausgestaltung an, das muss immer wieder betont werden. So ergeben sich zahlreiche Fallen für den Verbraucher.
Grundbucheintrag: „Es ist sehr wichtig, dass die Leibrente und das Wohnrecht erstrangig im Grundbuch abgesichert ist“, warnt Verbraucherschützer Ralf Scherfling eindringlich. „Ansonsten ist im Fall der Insolvenz des Käufers alles weg.“ Das ist kein hypothetischer Fall, sondern kommt in der Praxis vor.
Immobilienwert: Ein häufiger Streitpunkt ist auch der Wert der Immobilie. Dazu muss man verstehen, dass auch der Käufer ein Risiko eingeht, insbesondere dann, wenn zum Beispiel Rechte lebenslang gewährt werden. Er wird dieses Risiko einpreisen und so den Wert mindern. Helena Klinger vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff) rät dazu, es nicht bei dem Angebot zu belassen: „Der Verbraucher sollte sich nicht alleine auf den Vorschlag des Erwerbers verlassen und seine eigene Verhandlungsposition durch ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten stärken.“ Das kostet natürlich Geld; in die Zukunft blicken kann man damit ebenfalls nicht. Aber: „In Anbetracht vielfach steigender Immobilienpreise sollte sich der Verbraucher dann nicht auf einen zu geringen Wert einlassen, sondern eher mehr, als im Gutachten veranschlagt, verlangen“, so Klinger.
Komplexe Vertragskonstruktionen: Kaum ein Verbraucher liest sich das Kleingedruckte eines Vertrags durch und versteht, was dies konkret bedeutet. „Umso wichtiger ist es, dass sich der Verbraucher unabhängig beraten lässt“, so Klinger. Und sie sagt: „Je komplexer ein Produkt ist, desto mehr würde ich davon abraten. Denn umso mehr versteckte Kosten und sonstige Nachteile können sich dahinter verbergen.“
Unumkehrbarkeit: Im Grundbuch und notariell vereinbarte Verträge haben ein sehr starkes Rechtsstatut; nicht umsonst ist das bei Immobiliengeschäften Pflicht. Das bedeutet für den Verbraucher einerseits, dass ihm seine Rechte,, die so festgelegt wurden, auch nicht mehr genommen werden können. Andererseits bedeutet es aber auch, dass er sich selbst bindet. „Das Entscheidende ist: Es ist eine unumkehrbare Entscheidung, die man trifft“, betont Ralf Scherfling. „Im Alter von 70 Jahren klappt die Korrektur eines Fehlers an der Stelle nicht, dann kann man einen finanziellen Verlust meist nicht mehr ausgleichen.“
Veräußerung: In einigen Modellen ist prinzipiell auch der Verkauf der Immobilie durch den Verbraucher möglich. Das hat aber seinen Preis. Für den Teilverkauf beschreibt das Expertin Klinger: „Ein wichtiger Faktor sind hier die Nebenkosten. Wenn zum Beispiel der Erwerber bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen die Immobilie veräußern will, wird dafür eine Provision veranschlagt. Deshalb ist es wichtig, die Vertragsbedingungen genau zu analysieren.“ Dieser Fall kann zum Beispiel eintreten, wenn der Bewohner in ein Pflegeheim umziehen will – und deshalb anstelle einer Vermietung seiner Immobilie einen Verkauf anstrebt.
Weiterverkauf der Forderung: Auch ein Risiko ist es, wenn Finanzinvestoren Vermögen weiterverkaufen. „Bei der Anbieterwahl sollte der Verbraucher darauf achten, inwiefern der Weiterkauf der Forderung gegen ihn ausgeschlossen ist“, warnt Klinger. „Bei Investoren kann es vorkommen, dass das Vermögen hin- und hergeschoben wird.“ Das bedeutet im Zweifel für den Verbraucher: Die Verhältnis mit dem Käufer verschlechtert sich immer mehr, denn jeder Kauf soll für diesen ja auch einen Gewinn einbringen.
Unseriöse Vertragspartner: Ein Risiko, welches häufig unterschätzt wird, ist das des Vertragsgebahrens des Käufers. Hört sich im Beratungsgespräch noch alles ganz toll an, haben dann Verbraucher im Alltag mit säumigen Rentenzahlungen oder ausbleibenden Instandhaltungen zu kämpfen. Dabei schützt auch der Begriff „Stiftung“ nicht unbedingt, denn nicht jede Stiftung steht unter Aufsicht, wie die Stiftung Warentest in einem Artikel zum Thema mahnt. Auch hier gilt: Eine unabhängige fachliche Beratung vor der Vertragsunterschrift ist dringend erforderlich.
Individuelle Situation des Rentners ist ausschlaggebend
„Natürlich sollten die Familienangehörigen informiert werden“, rät Ralf Scherfling, wenn Verbraucher sich darüber Gedanken darüber machen, die Immobilie zu verrenten oder zu veräußern. Oftmals sind mit den Erben an Bord auch andere Modelle außerhalb der gewerblichen Angebote denkbar.
So lassen sich natürlich Nießbrauch, Leibrente und Wohnrecht auch ebenso gut bei einer Immobilie anwenden, die auf die Erben übergeht – hier müssen steuerliche Aspekte berücksichtigt werden, auch hier sind viele rechtliche Aspekte zu beachten. Die Erfahrung zeigt leider auch, dass solche innerfamilären Regelungen auch oft mit Stress verbunden sind.
Und wenn einfach eine Instandhaltung oder Sanierung ansteht, dann stehen viele Banken auch bei älteren Menschen mit einem klassischen Immobilienkredit bereit, bei derzeit äußerst attraktiven Zinskonditionen. Gerade, wenn der Kredit gut durch die Immobilie besichert ist, also weniger als 60 Prozent des Beleihungswertes einer Immobilie ausmacht, haben viele Banken kaum Probleme mit einem Kredit – sofern die monatlichen Einkünfte stimmen und die Kreditrate bedienbar machen. Sollte dann der Verbraucher vor Ablauf des Kredits versterben, können die Erben ihn mit der Immobilie übernehmen.
Sollte hingegen das monatliche Einkommen vorne und hinten nicht mehr für das alltägliche Leben reichen, dann rät Ralf Scherfling zu einer anderen Lösung, zum Beispiel zum Verkauf. Der Verbraucherschützer sagt: „Generell ist es keine gute Idee, sich für die Immobilienverrentung zu entscheiden, weil man finanziell nicht mehr klar kommt. Denn sie sollte etwas sein, mit dem man sich Wünsche erfüllt. Das Problem ist: Wenn man die Immobilienverrentung aufgrund einer Notlage durchführt, dann gibt man den einzigen Vermögensgegenstand unwiederbringlich ab – und steht in vier oder fünf Jahren wieder vor dem Problem, finanziell nicht klarzukommen, muss letztlich doch ausziehen.“
Der Verkauf ist eine bittere Entscheidung, denn letztendlich bedeutet er auch, dass man womöglich schon zuvor jahrzehntelang sich die Immobilie nicht wirklich leisten konnte und nur mühselig das Eigentum bezahlt bekam. In solchen Fällen ist es auch keine Schande, den Kontakt zu einer Schuldnerberatung zu suchen, denn immerhin gibt es einen Vermögenswert – und bei geschicktem Einsatz lässt sich die Zukunft im Ruhestand finanziell absichert gestalten.
Unabhängig beraten lassen
Expertin Klinger und Verbraucherschützer Scherfling raten in Anbetracht der vielen Unwägsamkeiten dringend zu einer unabhängigen Beratung. Anwälte mit dem Schwerpunkt Verbraucherschutz und Immobilienrecht sind dazu geeignete Ansprechpartner oder auch der eigene Notar – nicht der des Käufers. Verbraucherzentralen sind bei konkreten Anfragen zur Immobilienverrentung nicht der richtige Ansprechpartner, “wir haben ein allgemeines Beratungsangebot zur Altersvorsorge, aber kein spezielles zur Leibrente bzw. konkreter Angebote“, sagt Scherfling. „Bei Finanzfragen und juristischen Tücken in Verträgen kommen einige Verbraucher leider erst, wenn es zu spät ist.“
In manchen Fällen ist auch ein Gespräch mit dem Steuerberater sinnvoll.
Wenn der Rentner generell sicherstellen will, dass seine Vermögenswerte ihm einen finanziell unbeschwerten Lebensabend ermöglichen, dann macht auch eine generelle Altersvorsorgeberatung bei einer Verbraucherzentrale oder bei einem Honorarberater Sinn. Bei generellen finanziellen Problemen ist eine Schuldnerberatung die richtige Kontaktstelle.
Begriffe rund ums Grundbuch kurz erklärt
Über das Grundbuch können Rechte von Personen abgesichert werden, sie sind dann „dinglich“ abgesichert durch die Immobilie, zum Beispiel über eine sogenannte Reallast, die in § 1105 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt ist, und das Recht einer Person beschreibt, aus seinem Grundstück wiederkehrende Leistungen zu erlangen. Verbraucher sollten darauf achten, dass ihre Rechte an erster Stelle in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen sind. Und: Es hängt auch viel von den konkreten vertraglichen Bedingungen ab.
Wohnrecht: Bei einem Wohnrecht wird vereinbart, dass eine oder mehrere Personen in einer Immobilie wohnen können. Es hängt stark von den vertraglichen Vereinbarungen ab, wie das Wohnrecht ausgestaltet ist. Häufig ist es zeitlich unbegrenzt; kann kostenfrei vereinbart werden.
Leibrente: Bei einer Leibrente werden dem Bezieher – und nur diesem – regelmäßig wiederkehrende finanzielle Leistungen per Grundbuch zugesichert. Diese kann zeitlich begrenzt werden, wird aber bei der Immobilienverrentung häufig lebenslang vereinbart.
Leibgeding: Der Vollständigkeit halber soll hier auch noch das Leibgeding erwähnt werden. Dieses verpflichtet den neuen Eigentümer eines Grundstücks auch zum Beispiel zur Pflege des Rechteinhabers bis zu seinem Tod. Auch dieses lässt sich dinglich im Grundbuch eintragen.
Nießbrauch: Das Nießbrauchrecht (geregelt in § 1030 BGB) ermöglicht die komplette wirtschaftliche Nutzung einer Immobilie durch den Verbraucher. Allerdings ist er in der Regel auch für die komplette Instandhaltung und Modernisierung zuständig.
Literatur/Linktipps:
- https://www.test.de/Immobilienrente-Haus-verkaufen-und-trotzdem-weiter-drin-wohnen-1814463-2814463 – ein Artikel der Stiftung Warentest spielt unterschiedliche Szenarien durch und gibt einen Überblick über die Anbieter
- https://www.w-hs.de/fileadmin/public/dokumente/erkunden/fachbereiche/FB7-Wirtschaftsrecht/Forschung/ReWir/ReWir-10-2012.pdf – eine schon etwas ältere Analyse beschreibt die Businessmodelle hinter den verschiedenen Formen der Immobilienverrentung
- https://www.iwkoeln.de/fileadmin/publikationen/2015/254402/Gutachten_Wohnen_im_Alter_IW_Koeln.pdf – Gutachten zur Wohnsituation der Generation 65+
- https://www.deutsche-leibrenten.de/gemeinsame-befragung-mit-dem-ivd-so-beurteilen-makler-die-immobilien-leibrente/ – Befragung von Maklern zur Immobilienverrentung
Für immobilien intern verfasst der Immobilien-Journalist Jörg Stroisch regelmäßig sehr umfangreiche Spezial-Artikel. Dieser Artikel ist dort im Herbst 2020 erschienen.