WirtschaftsWoche: Mr. Chesky, Sie sagen, dass Sie Ihre eigene Wohnung aufgegeben haben und nun nur noch in fremden Zimmern übernachten. Wo haben Sie die letzten Nächte in Deutschland geschlafen?
Chesky: Selbstverständlich haben wir alle unsere Appartments über Airbnb gebucht. Hier in Hamburg sind wir beispielsweise bei tollen Gastgebern im lebendigen Portugiesenviertel am Hafen untergekommen.
Mehrere deutsche Klone, „Copycats“, versuchen, Airbnb zu kopieren. Was halten Sie von dieser Konkurrenz?
Blecharczyk: Die Copycats in Deutschland interessieren uns nicht sonderlich. Wir haben drei Jahre alle Kraft in den Aufbau einer funktionierenden Community investiert – und eine solche Community kann man nicht einfach in wenigen Monaten mit Geld erkaufen.
Aber zum Beispiel die Samwer-Brüder haben gerade eine Geldspritze von 90 Millionen Dollar eingesammelt und greifen mit Wimdu gewohnt aggressiv den Markt an. Wie reagieren Sie darauf?
Blecharczyk: Wir sind das Original. Das ist eine andere Situation bei uns im Vergleich zum Beispiel zu Groupon. Groupon hatte keinerlei eigene Aktivitäten in Deutschland und Europa und musste auf das rasante Marktwachstum der Wettbewerber reagieren. Bei den Wohncommunities geht es nicht nur darum, in möglichst vielen Städten präsent zu sein, sondern vielmehr, dass auch eine große Community die Idee der gegenseitigen Vernetzung trägt. Und das lässt sich nicht so einfach kopieren.
Froh: Es ist ja bekannt, dass wir vor kurzem eine Mail an alle unsere deutschen Mitglieder versandt haben. Denn es gab Verwirrungen, weil manchmal nicht ganz klar war, inwiefern Anrufe von Wettbewerbern nun von Airbnb kamen oder nicht. Aber mit diesem Brief ist das jetzt ein für allemal geklärt.
Haben Sie also nicht in Berlin zum Beispiel die Samwer-Brüder getroffen?
Blecharczyk: Wir haben da keine Anknüpfungspunkte. Wir haben Accoleo deshalb aquiriert, weil uns die Macher dort gefielen und sie gut in unsere Unternehmenskultur passen.
Zu welchem Zeitpunkt werden die Einnahmen die Ausgaben übersteigen bei Airbnb?
Blecharczyk: Das wäre heute schon der Fall. Wir führen ein substanzielles Geschäft. Würden wir nicht in die Expansion weiter investieren, dann wären wir bereits heute rentabel.
Und wann werden die Investitionen wieder eingenommen werden?
Blecharczyk: Wir gehen davon aus, dass schon in wenigen Monaten das Hundertfache der derzeitigen Buchungen über Airbnb erfolgen wird, so dass der ‚Return of Investment‘ sehr schnell erfolgen wird. Wir wachsen sehr schnell.
Es steht im Raum, dass in Airbnb 100 Millionen US-Dollar von Risikokapitalgebern investiert wurden. Mögen Sie diese Zahl bestätigen?
Blecharczyk: Diese Zahl kommentieren wir nicht.
Groupon ist mit 20 Milliarden Dollar für den Fall des Börsengangs taxiert, Airbnb soll eine Milliarde Dollar wert sein. Wann planen Sie den Börsengang?
Blecharczyk: Ein Börsengang ist nicht geplant. Wir wollen möglichst lange unabhängig, privat bleiben.
Die Summen, mit denen derzeit Internetunternehmen gehandelt werden, sind astronomisch hoch. Groupon ist demnach zum Beispiel in etwa soviel Wert wie MAN. Schon einmal wurden in der New Economy solche Summen gehandelt und die Blase platzte gewaltig. Sind Airbnb und andere Internetfirmen die nächste Blase, die platzen wird, wie es einige Experten schon befürchten?
Blecharczyk: Es gibt einen Hauptunterschied zur Blase der New Economy: Wir machen bereits substanzielles Geschäft, welches sich auch bewerten lässt.
Noch eine Frage an Herrn Froh. Wie empfinden Sie die Unternehmenskultur bei ihrem neuen Arbeitgeber Airbnb?
Froh: Das ist ungleich dynamischer, als alles, was ich bisher erlebt habe. Vor 2 bis 3 Wochen war die Entscheidung, eine Niederlassung von Airbnb in Hamburg zu gründen, vor acht Tagen haben wir uns für ein Büro entschieden, vor wenigen Tagen den Vertrag unterschrieben. Gerade in diesen Tagen stellen wir bereits 30 Mitarbeiter ein. Es werden hier ganz schnelle Entscheidungen getroffen, von Leuten, die wirklich felsenfest von ihrer Idee überzeugt sind. Das ist schon sehr beeindruckend.
Wimdu und 9Flats sind ihre größten Wettbewerber in Deutschland. Was unterscheidet Sie?
Froh: Airbnb hatte hier bereits Angebote und Nutzer, bevor die Community überhaupt vermarktet wurde. Der Marktplatz ist einfach liquide: Sofern Sie eine Wohnung inserieren, haben Sie binnen Tagen und Wochen tatsächlich Buchungen, können tatsächlich eine adäquate Bewertung einer großen Community ersehen. Das ist ein großer Unterschied: Sie können direkt auch die Verbindung zu dem Gastgeber über Facebook einsehen. Diese Verbindung, auch Social Connections genannt zum Beispiel über zwei oder drei Ecken mit einem eigenen Freund schafft Vertrauen. Und das ist unser Hauptkapital und eben nicht nur virtuell, sondern tatsächlich vorhanden.
Über Brian Chesky und Nathan Blecharczyk
Chesky, 29, studierte zunächst Design. 2007 gründete er zusammen mit dem Designer Joe Gebbia, 29, und dem Computerspezialisten Nathan Blecharczyk, 28 das Unternehmen Airbnb, ein Wortspiel aus „Airbed“ (dt. Luftmatratze) und BnB (Abkürzung für Bed-and-Breakfast). Es entstand in einem Wohnzimmer in San Francisco. Heute bietet Airbnb Domizile in mehr als 14.000 Städten und 183 Ländern weltweit an. Risikoinvestoren sollen angeblich 100 Millionen Dollar eingezahlt haben. Der Unternehmenswert soll bei einer Milliarde Dollar liegen.
Über Gunnar Froh
Froh, 28, sammelte Berufserfahrungen als Berater bei McKinsey und gründete die gemeinnützige Carsharing-Organisation CampusCar. Mit dem Kauf von Accoleo durch Airbnb, das er mitgründete, übernahm er vor kurzem den Posten des Country Managers Airbnb Germany.
Zum Originalartikel Für WirtschaftsWoche.de hat Jörg Stroisch im Redaktionsdienst gearbeitet – und verfasst verschiedene Wirtschaftsartikel.