Fax-Masche lockt Anleger in wertlose Gas-Aktie

Mainland Rescoures, USA: „Hier ist ein Chart der Gasaktie, die sich genial entwickelt“, frohlockt ein anonymer Freund handschriftlich auf einem Fax. 2,60 Euro als aktueller Kurs. Und die Kurve zeigt steil nach oben, „bis auf sechs Euro bei guten Bohrergebnissen“ könne sie noch steigen. Der vermeintliche Fax-Irrläufer mit tollem Tipp entpuppt sich allerdings auf dem zweiten Blick als neue Masche beim Aktien-Spam.

Das Fax mit dem Aktien-Chart ist bereits das dritte, welches für die vermeintliche Gewinner-Aktie in den USA wirbt. Die Taktik ist dabei immer ähnlich: Ein vermeintlich neutrales Dokument – in den ersten beiden Faxmitteilungen wurde ein Zeitungsartikel imitiert – wird um eine handschriftliche Empfehlung ergänzt. „Louisiana entdeckt ein riesieges (sic) natürliches Gasvorkommen“, titelt ein Artikel inklusive Tippfehler, „wie ich am Telefon schon gesagt habe, ist dies die riesige, neue Gas-Entdeckung“, schreibt ein anonymer Freund handschriftlich dazu.

Und erwähnt natürlich auch, wie die Aktie an der Frankfurter Börse und der NASDAQ gelistet und kaufbar ist. Garniert wird die Offerte noch mit der Angst vor steigenden Energiepreisen, von denen der Aktionär dann durch sein Investment profitieren könne. „Das ist ja eine geniale Masche, Gratulation an die Abzocker“, sagt Carola Elbrecht, Juristin beim Verbraucherzentralen Bundesverband (VZBV) dazu. „Ein solches Fax halten viele Verbraucher garantiert für einen Irrläufer und fallen darauf hinein.“

Aktien-Fax wird im großen Stil versandt

Und das Fax zieht tatsächlich seine Runden. Christian Prüßing, Redaktionsleiter des Branchenreports kapital markt-intern, berichtet von vielen Mittelständlern, die das Fax erhalten haben. In Börsenforen wird intensiv über das Angebot diskutiert. „Unsere Recherchen ergaben, dass zwar so etwas wie ein Letter-of-Intend des offerierten Unternehmens über eine Probebohrung existiert“, sagt Prüßing. „Aber ob jemals ein Erfolg erzielt wird, ist sehr zweifelhaft. Solche Investments haben schon in der Vergangenheit für Anleger zu hohen Verlusten geführt.“

Noch sind die pseudokopierten Medienausschnitte auf den Faxmitteilungen von recht einfacher Strickart, strotzen vor Fehlern und verwenden einfachste Stilistik. „Verbraucher fallen natürlich längst nicht mehr so schnell auf solche Aktionen herein, wie noch vor einigen Jahren“, sagt aber Verbraucherschützerin Elbrecht. „Deshalb lassen sich die Spamer immer neue Maschen einfallen, suchen die persönliche Ansprache.“

Nur die Hintermänner profitieren

Die berühmt-berüchtigten Spam-Mails, die neben Aktien immer wieder auch allerlei Medikamente oder Glücksspiele anpreisen, wirken heute nur noch bei wenigen Internetnutzern. „Derzeit wird die Werbung für Aktien sehr stark per Telefonanruf betrieben“, beschreibt Michael Brack, Sachbearbeiter für Wirtschaftskriminalität mit dem Schwerpunkt Kapitalanlage- und Beteiligungsbetrug am Polizeipräsidium Düsseldorf, aus der Ermittlungspraxis. „Die Hintermänner haben wohl erkannt, dass die reine Spam-Mail nicht mehr den gewünschten Effekt erbringt.“

Dabei setzen die Spammer auf einen weiteren Faktor, der Anleger beeindruckt: Möchten so viele Versicherungsvertreter oder Anlageberater für ihre Dienste eine Provision kassieren, verbinden also ihr eigenes wirtschaftliches Interesse mit der Anlageempfehlung, so profitieren die Hintermänner des Aktien-Spams auf dem ersten Blick nicht. „Für den Nutzer ist der Hintergedanke der Anrufer nur schwer erkennbar“, erklärt auch Brack. „-Ich will Ihnen gar nichts verkaufen, sondern die Aktien müssen Sie direkt an der Börse erwerben- – das klingt zunächst so, als wenn sie keinen eigenen Gewinn damit hätten. De fakto profitieren die Hintermänner aber auf ganz unterschiedlicher Art und Weise von der Aktion.“

Sie haben zum Beispiel die Aktien dieses wertlosen Unternehmens zuvor für Centbeträge gekauft und setzen nun auf den dummen Aktienanleger, der mit seinen Ordern den Unternehmenswert künstlich aufbläht. Irgendwann stoßen die Hintermänner dann ihre eigenen Aktien mit hohem Gewinn ab. Die Folge: Der Aktienkurs stürzt ins Bodenlose, die wertlose Aktie wird zu einem so genannten Pennystock – alles nur eine Frage der Zeit. Und der geprellte Anleger bleibt auf seinen Verlusten sitzen.

Verkauf der Aktie über Frankfurter Börse klingt seriös

Der Verkauf der Aktie über die Frankfurter Börse befördert diese Strategie noch – klingt seriös, denkt der Anleger. Doch: „Die offerierte Aktiengesellschaft unterliegt im Frankfurter Freiverkehr nicht den hohen Transparenzstandards regulierter Märkte“, so Christian Prüßing. „Ein Investment ist also von vorne herein ein Blindflug. Schon im stark regulierten Aktiengeschäft etwa am DAX gibt es hohe Verlustrisiken, trotz sehr strengen Mitteilungs- und Berichtspflichten. Bei einer Aktiengesellschaft im Freiverkehr ist dieses Risiko um ein Vielfaches höher, zumal zum Beispiel Insidermanipulation sehr einfach möglich sind.“

Theoretisch können Anleger straf- und zivilrechtlich gegen die Hintermänner des Spam vorgehen: „Bei einem Fax, auf dem nachweislich falsche Versprechungen gemacht werden, ein Artikel gefälscht wurde, handelt es sich womöglich sogar um Betrug“, sagt Brack. „Voraussetzung für eine Strafverfolgung ist jedoch eine Strafanzeige.“ Und Voraussetzung ist auch, dass die Hintermänner überhaupt erkennbar sind: Falsche Personalien, falsche Rufnummern oder Umleitungen auf ein falsch registriertes Prepaid-Handy, Firmensitz im schwer zugänglichen Ausland : der Weg zum Rechtsanwalt und auch zur BaFin, die bei Verdacht auf Kursmanipulation unterrichtet werden sollte, führt selten zu einer Entschädigung.

Verbraucherschützer Elbrecht, Fachjournalist Prüßing und Ermittler Brack raten daher auch unisono „Finger weg.“ Die vermeintliche Aktienempfehlung per Fax gehört wie die Flut von täglichen Spam-Mails im virtuellen E-Mail-Postfach in den Papierkorb. Denn am Ende freut sich nur der anonyme, vermeintliche Freund. Besonders dann, wenn die wertlose Gas-Aktie der Mainland Rescources, USA, tatsächlich Richtung der von ihm prognostizierten sechs Euro tendiert.

Dieser Artikel direkt bei Wiwo.de Für WirtschaftsWoche.de hat Jörg Stroisch im Redaktionsdienst gearbeitet – und verfasst verschiedene Wirtschaftsartikel.