„Arbeit für Millionen statt Profit für Millionäre“, „Ausbeutung durch Monokulturen“, „Verlagerung von Arbeitskräften ins Ausland“, so beschreibt eine Partei die Folgen der Globalisierung: die rechtsextreme NPD. Und mit diesen Parolen geht sie auf Stimmenfang.
Vor allem auf dem G8-Gipfel im vergangenen Sommer in Heiligendamm bemühte sich die Führungsspitze der NPD um Aufmerksamkeit.
Die im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertretene rechtsextreme Partei mobilisierte auf einer eigens eingerichteten G8-Website ihre Anhänger für dieses von den Medien sehr intensiv begleitete internationale Ereignis. Man werde die G8-Gipfel-Teilnehmer mit einem „nationalen Komitee empfangen, das mediale Wahrnehmung erzwingen wird“, tönte ihr Oppositionsführer Udo Pastörs auf der Webseite der NPD.
Der rechtsextreme Autor Thomas Drescher beschimpfte Merkel im gleichen Artikel als die „Squaw“ ihres „Kriegshäuptlings“ Bush.
Und so widersprüchlich wie es auf den ersten Blick erscheint, zeigte Drescher Sympathie mit einem ganz anderen politischen Spektrum: mit den sozialistischen Präsidenten von Venezuela, Hugo Chávez, und Evo Morales, Bolivien: „Einige südamerikanische Länder führen uns derzeit vor, wie man der Globalisierung wirksam entgegentreten kann“, tönte Drescher. Globalisierung als Verbrüderungspunkt der rechten und linken Globalisierungskritiker?
Rechtes Konstrukt der Globalisierungskritik
Mathias Brodkorb, Mitglied des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern und Initiator der Website www.endstation-rechts.de enttarnt das rechte Konstrukt der Globalisierungskritik.
„Die Schlussfolgerung der NPD ist eine völlig andere: Sie lehnt die Globalisierung radikal ab. Attac und andere Globalisierungskritiker kritisieren hingegen die Art der Globalisierung und wollen diese gerechter gestalten“, sagt Brodkorb. Die NPD diffamiert diese Gruppen deshalb auch als Teilsegment des von ihr verhassten Neoliberalismus.
Brodkorb: „Die radikale Globalisierungsablehnung der NPD ist geradezu exemplarisch dazu geeignet, die Ideologie der Partei zu durchschauen. Die Partei argumentiert hier nicht biologistisch, sondern ethnisch-kulturell. Sie befürchtet durch die Globalisierung die Zerstörung der kulturellen Volkssubstanz.“ Da die Ideologen der NPD in den USA den Hauptakteur und -profiteur der Globalisierung erblicken, geraten diese so zum neuen Hauptfeind der Rechtsextremisten.
Im Detail geht es der NPD bei der „raumorientierten Volkswirtschaft“ um eine komplette wirtschaftliche und kulturelle Autarkie in Abgrenzung zum Rest der Welt. Den Deutschen serviert die NPD diese abstrakte Parole durch Kritik an der Ausgliederung von Arbeitsplätzen ins Ausland, an zu hohen Vorstandsgehältern und natürlich an Ausländern, die den Deutschen vermeintlich Arbeitsplätze wegnehmen.
Ein bisschen Umweltschutz und Arbeiterbeteiligung im NPD-Programm
Im Parteiprogramm klingt das so: „Die NPD lehnt die Globalisierung der deutschen Wirtschaft auch deswegen ab, weil die unmittelbar zur Massenerwerbslosigkeit geführt hat.“ Die deutsche Wirtschaft müsse „einschließlich der in Deutschland tätigen ausländischen Unternehmen“ dem deutschen Volk, seiner materiellen Sicherung und seiner geistig-kulturellen Entwicklung dienen.
Dann wird dem perfiden Programm noch ein bisschen Umweltschutz beigemischt und vor der Entfremdung gewarnt, natürlich sei Grund und Boden Eigentum des deutschen Volkes und – geradezu sozialistisch – die Arbeiter sollen am Produktivvermögen der Unternehmen beteiligt werden.
Noch eklatanter poltert die NPD Hessen auf ihrer Website: „Liebe Landsleute, Globalisierung, Überfremdung, Sozialraub und Identitätslosigkeit breiten sich in Deutschland aus wie eine Seuche.“
Wissenschaftlich belegt werden diese Parolen allerdings nicht von der NPD. „Dass sich durch eine Autarkie der deutschen Wirtschaft etwa die Arbeitsmarktsituation in Deutschland verbessern würde, ist nur eine Behauptung“, sagt SPD-Landtagsabgeordneter Brodkorb.
Einfache Sprüche der NPD verfangen dennoch
Beim Volk kommen diese plumpen Sprüche dennoch an. Die NPD holte 2006 in Mecklenburg-Vorpommern 7,3 Prozent der Stimmen. „Das schlechteste Urteil bilde ich mir über denjenigen, den ich am wenigsten kenne“, beschreibt es Mathias Brodkorb für ganz Ostdeutschland. Die Wirtschaft sei im Osten generell zu wenig globalisierungsorientiert, exportiere im bundesdeutschen Durchschnitt zu wenig. „Und globalisierungskritische Protestformen müssen aufpassen, nicht zu platt zu sein. Sonst gelingt die Unterscheidung zum rechten Weltbild für den Bürger nicht im ausreichenden Maße.“
Zumindest der G8-Gipfel schaufelte keine weitere Aufmerksamkeit auf das Thema Globalisierung und NPD: 1.500 Teilnehmer kündigte die NPD zwar stolz für den G8-Gipfel in Heiligendamm an.
Ihr Sprecher Klaus Beier behauptete sogar, dass es bereits Gespräche zwischen linken und rechten Globalisierungsgegnern auf untere Ebene geben würde. Am Ende verbot das Oberverwaltungsgericht Greifswald aber diese und eine angekündigte Gegendemo auf dem G8-Gipfel. Der Empfang durch ein „nationales Komitee“ blieb den G-8-Teilnehmern erspart. Und auch die gewünschte „Verbrüderung“ der NPD mit den anderen Globalisierungskritikern.
Weitere Informationen:
Ein neues Buch mit einem kritischen Aufsatz über die Globalisierungskritik der NPD: Mathias Brodkorb/Volker Schlotmann (Hrsg.): Provokation als Prinzip. Die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern
(Adebor Verlag)
ISBN: 978-3-9809375-5-9
Paperback, 260 S.
13,90 Euro
Link: www.netz-gegen-nazis.de
Dieser Artikel direkt bei Wiwo.de Für WirtschaftsWoche.de hat Jörg Stroisch im Redaktionsdienst gearbeitet – und verfasst verschiedene Wirtschaftsartikel.