Worauf Gründer bei Marketingmaßnahmen achten sollten

Ein paar Anzeigen schalten und das Briefpapier drucken lassen: So verpuffen Marketingmaßnahmen und erreichen nicht die Kunden. Grundlage effektiver Vermarktung ist es, sich eine gute Vorstellung vom Kaufentscheidungsprozess beim Kunden zu verschaffen. wiwo.de gibt Tipps rund um das Marketing für Existenzgründer.

Einen Namen für ein Musikportal rund um die Independent Music finden: Schon damit machten es sich Franciska Lion-Arend und ihr Kompagnon Kurt-Walter Michaelis nicht leicht. Wochenlang tüftelten sie und verwarfen die Ideen wieder. Am Ende wurde es imuse.tv. „Es war ein Bauchgefühl: Das ist es“, sagt die Existenzgründerin. Und dazu gehört natürlich auch eine Idee vom eigenen Auftritt, dem Corporate Design. imuse.tv hat zunächst mit einem orangen U-Boot auf der eigenen Website experimentiert. Geschmackssache – aber vielen Nutzern gefiel dies nicht so gut, denn das Seitendesign dominierte das Gesamtbild und nicht die Videos.

Das Corporate Design ist für das Marketing wichtig, denn über das Auftreten prägt sich eine Marke beim Kunden ein.. Thomas Zomack, Spezialist für Existenzgründung beim Gründernetzwerk Impuls in Sachsen-Anhalt, rät aber, schon vorher anzusetzen: „Marketing muss sehr genau auf die Zielgruppe zugeschnitten sein, damit es nicht sinnlos verpufft. Und meine Zielgruppe analysiere ich über ihre Entscheidungsprozesse.“ Dazu gehören vor allem folgende Fragen:

  • Punkt 1: Wie wird die Aufmerksamkeit des Kunden erzeugt?
  • Punkt 2: Wie funktioniert der Interessenaufbau des Kunden?
  • Punkt 3: Wie und nach welchen Kriterien vergleicht der Kunden die Leistungen der Anbieter?

Gut gemachte Aktionen können Aufmerksamkeit erzeugen

„Das funktioniert bei jedem Produkt anders“, sagt Zomack. „Auch die zeitliche Länge und die Wichtigkeit der einzelnen Prozessschritte unterscheiden sich stark voneinander.“ Deshalb gibt es auch keine auf alles passende Marketingmaßnahme. „Beliebt bei Existenzgründern ist Guerillamarketing“, skizziert Zomack. „Eine witzige Aktion kostet oft nicht viel Geld, erreicht aber Aufmerksamkeit.“ Nur das x-te Video auf Youtube zu stellen, führt aber nicht zum gewünschten Erfolg. Gut gemachte Aktionen erfüllen aber eventuell Punkt 1 des Prozesses.

Gerade bei Webangeboten passen auch Weblogs und Podcasts gut, auch die Suchmaschinenoptimierung sorgt für Aufmerksamkeit. Klassische Pressearbeit und die Anzeigenschaltung können ebenfalls passen. „Existenzgründer sollten das professionell angehen, also zum Beispiel eine Agentur beauftragen“, so Zomack.

imuse.tv machte mitten im Gründungsprozess eine unerwartete Wendung in der Weblandschaft einen Stich durch den Businessplan. „Wir gingen davon aus, dass Nutzer für gute Independent-Videos Geld bezahlen“, erinnert sich Lion-Arend. „Alle Analysen zum Beispiel der Märkte in Amerika und Großbritannien sowie Gespräche mit Szenekennern bestätigten das auch.“ Aber plötzlich stellte die Musikszene auf Youtube und Co alles kostenlos zur Verfügung.

Die Kern-Zielgruppe änderte sich danach für imuse.tv fundamental: Das Unternehmen setzt bei der Einführung neuer Produkte nun sehr stark auf Multiplikatoren in der Szene. „Die haben eine gute Position in der Zielgruppe und die Kontakte“, sagt Lion-Arend. Viele Musiclabels benutzen das Video gerne als Promotion-Werkzeug und unterstützen deshalb deren Einbindung in Websites ganz aktiv. „Die Schaltung von Anzeigen in Magazinen kam für uns von Anfang an nicht in Frage“, sagt die Existenzgründerin. „Wir haben nach einer zielgerichteten Form des Marketings gesucht.“

Existenzgründer sollten sich ständig die Frage stellen, wie sie aus einer Marketingaktion tatsächlich langfristige Kunden gewinnen, rät Gründungsexperte Zomack. „. Eine klare Strategie, nicht zu viele unterschiedliche Marken und ein klug kalkuliertes Marketingbudget führen hier zum Erfolg.

Seit Mitte 2007 ist imuse.tv online, doch das orange U-Boot schippert schon lange nicht mehr auf der Website. Mittlerweile ist das Videoportal in einem schlichten Blau gehalten, neutral und zeitlos sozusagen, „und genau das ist auch oft der sinnvollere Weg beim Design wie auch beim Marketing“, lobt Zomack. „Moden vergehen, eine einfache, einleuchtende Strategie bleibt.“ Im Auftritt und auch im Marketing.

Dieser Artikel direkt bei Wiwo.de Für WirtschaftsWoche.de hat Jörg Stroisch im Redaktionsdienst gearbeitet – und verfasst verschiedene Wirtschaftsartikel.